Ich bin als Kind immer bei Vollmond geschlafwandelt. Das wurde so intensiv, dass meine Mutter...
Die geheimen Botschaften des Weltenbaumes Yggdrasil
Ständig stoße ich im Moment in den sozialen Medien in bestimmten spirituellen Kreisen auf die Aussage: ich bin nicht nur Licht und Liebe.
Oh ja. Wie sehr mir das aus dem Herzen spricht.
Denn das ist die Gefahr eines spirituellen Weges, dass wir nur noch zum Licht streben – und unsere Dunkelheit vergessen. Genau, vergessen und nicht anschauen, transformieren, nutzen. Schon im Havamal in der poetischen Edda steht, dass kein Mensch nur gut und kein Mensch nur schlecht ist.
In der nördlichen Mythologie steckt – wie wohl in allen Naturspiritualitäten – genau das drin: wir sind alles, und dadurch sind wir ganz. Wir sind Licht UND Schatten, das macht uns aus. Eines der faszinierendsten Bilder dafür (neben den Runen, aber dazu ein anderes Mal mehr) ist Yggdrasil, der Weltenbaum.
Der Weltenbaum ist eines meiner absoluten Lieblingsbilder der nordischen Mythologie: So ungefähr alles an diesem kosmischen Mittelpunkt finde ich faszinierend. Natürlich zunächst einmal seine mythologische Bedeutung. (Dazu habe ich ausführlich in meinem Buch “Nordischer Schamanismus: Die verborgenen Kräfte deiner Wurzeln” geschrieben) Doch über die Mythen hinaus hat Yggdrasil noch andere, geheime und tiefe Botschaften für uns und unser Leben, für unser spirituelles Wachstum. Eigentlich müsste der Baum Seelenbaum heißen. Für mich jedenfalls ist er einer. Lass dich in diesem Blogbeitrag tief in die Magie des Weltenbaumes tragen – und vielleicht auch in deine eigene.
Du kannst diesen Blogbeitrag unten weiterlesen oder dir von mir erzählen lassen, denn ich habe ihn für dich eingesprochen, dafür einfach hier unten auf den Pfeil klicken:
Die geheimen Botschaften des Weltenbaumes Yggdrasil
Yggdrasil – Weltenumspanner
Das mythologische Bild
Yggdrasil steht im Weltbild unserer Vorfahren im Zentrum des Universums. Seine Krone reicht so weit in den Himmel, dass man sie nicht sehen kann. Sein Stamm ist gewaltig und stark. Seine Wurzeln reichen tief in die Erde. Der Baum ist so gigantisch, dass er gleich 9 Welten und Reiche umfasst – und sie alle miteinander verbindet.
Die neun Welten, die an den Wurzeln und Ästen des Baumes zu finden sind, sind (von oben nach unten):
-Asgard in der Krone des Baumes: Heimat der Asengötter wie Odin und Thor.
– Vanaheim, grün und üppig, voller Leben: das Reich der Vanengötter.
– Alfarheim: das Heim der Lichtalben
– Midgard in der Mitte, am Stamm des Baumes: Die Welt der Menschen.
– Jötunheim: karg und kalt und sehr windig, das Land der Riesen.
– Niflheim, die Nebelwelt aus Eis: Eine eisige Welt der Kälte und Dunkelheit.
– Muspelheim voller Hitze und lodernder Flammen: Das Reich des Feuers und der Hitze.
– Svartalfaheim unter der Erde: das Heim der Zwerge
– Helheim, verborgen unter der Erde, noch hinter Niflheim, das Reich der Unterweltgöttin Hel und ein Reich der Toten
Jede dieser Welten hat ihre eigenen Eigenschaften, ihre eigenen Gesetze und natürlich ihre eigenen Bewohner, von denen manche gut gesinnt und freundlich und unterstützend sind, andere wiederum gefährlich, listig, mürrisch. Es ist eben nicht alles Licht und Liebe in diesem Baum. Genau wie im richtigen Leben auch, oder?
Es sind Welten des Lichts und der Dunkelheit, der Fülle und der Kargheit, der Wärme und der Kälte, die hier im Baum vereint sind. Sie existieren miteinander und nebeneinander, jede dieser Welten hat ihren ureigenen Platz im Großen Ganzen. Und egal, ob gut oder “böse”, würde nur eine dieser Welten fehlen, wäre der Baum nicht komplett, nicht ganz.
Yggdrasil, der Weltenumspanner
Das psychologische Bild
Nach einer geführten Reise durch die Welten Yggdrasils berichtetet einer meiner Kursteilnehmer, dass er während der Reise verstanden hätte, dass er selbst ein Weltenbaum ist. Mit all den hellen und dunklen Welten in sich, mit dem höheren Ich in der Krone und den niederen Instinkten an den Wurzeln. Eine Bemerkung, die mir eine Gänsehaut verschafft hat.
Ist das nicht eine starke und auch versöhnliche Botschaft des Baumes an uns: wir sind eine Einheit? Wir sind bereits ganz. Egal, wie zerfasert wir uns fühlen mögen, wie sehr wir auch mit den dunklen Anteilen in uns hadern, wir sind vollständig, ein großes, lebendiges Wunder, das alles beherbergt und in Balance bringen kann, anstatt Anteile unterdrücken zu müssen. Hell und Dunkel, Licht und Schatten, Gut und Böse, das gehört zum Menschsein dazu. Statt ständig nur zum Licht zu streben, sollten wir uns auch unserer eigenen Unterwelt, unserer Dunkelheit bewusst sein und sie annehmen – um sie schließlich zu integrieren, zu transformieren und ihre Kraft zu nutzen. Unser Licht könne wir nur finden, wenn wir auch unsere Dunkelheit kennen und bereit sind, in sie hinabzusteigen und uns mit ihr zu konfrontieren.
Die tiefen Weisheiten der alten Erzählungen
Die nordische Mythologie mit all ihren faszinierenden Bilder und den Göttern lädt genau dazu ein. Wenn wir beginnen, uns tief mit diesen alten Weisheiten zu beschäftigen, kommen wir nicht drumherum, uns auch tief mit uns selbst auseinanderzusetzen. Unseren Werten, unseren Zielen, Sehnsüchten und Visionen ebenso wie unseren dunkelsten Ecken, den verborgensten Schatten, den kältesten Bereichen unseres Selbst. All das anzunehmen bedeutet, dass wir radikal in unseren Ganzheit gehen.
Das heißt nicht, dass wir nicht an uns arbeiten, die dunklen Ecken transformieren sollten. Aber es heißt im ersten Schritt, dass wir alles, was in uns ist, umarmen. Und erst aus dieser Annahme, aus dieser Ganzheit heraus leben wir unser Leben authentisch. Nur ein authentisches Leben kann ein erfülltes Leben sein. Eines, das wir aus unserer Mitte heraus leben. Das gibt uns Kraft.
Tiefenpsychologische Heilung
Schon Carl Gustav Jung, der Begründer der Analytischen Psychologie, betonte die Bedeutung der Ganzheit und Integration aller Teile des Selbst, um ein gesundes und erfülltes Leben zu führen.
Die geheime Botschaft des Weltenbaumes an uns ist, dass wir diese inneren Welten integrieren und vereinen und in Balance halten können. Dass wir die verschiedenen Ebenen des Bewusstseins, des Unterbewusstseins und des kollektiven Bewusstseins zu einer kraftvollen Einheit verschmelzen lassen können.
Die neun Welten lassen sich direkt auf unser eigenes Seelenleben übertragen:
– Asgard (Götterwelt): Symbolisiert das höhere Bewusstsein und spirituelle Ebenen.
– Midgard (Menschenwelt): Repräsentiert die physische Welt und die alltägliche Realität.
– Utgard / Jötunheim (Riesenwelt): Steht für das Unbewusste, das Chaos, die ungezähmten Kräfte in uns.
Die anderen Welten (z.B. Niflheim, das Land aus Eis und Nebel, oder Muspelheim, das Land aus Feuer) stehen für weitere innere Landschaften, die tief im Unbewussten verborgen sind, für das, was im inneren Nebel verborgen ist oder das, was in uns lodert. Wieder andere wie etwa die Welt der Zwerge erinnern uns an unsere kreativen, schöpferischen Kräfte. Mimirs Brunnen (in Jötunheim) oder Helheim sind Orte der Ahnen, des Ahnenwissens und der Weisheit, die wohl mit dem kollektiven Unbewussten gleichgesetzt werden können.
Alles Orte, die uns mit uns selbst verbinden können.
Die Wurzeln und Äste: Verbindung und Balance
Über die Wurzeln und Äste des Baumes ist alles miteinander verbunden. Yggdrasils Wurzeln erstrecken sich tief in die Erde, während seine Äste hoch in den Himmel ragen. Tiefenpsychologisch gesehen stehen die Wurzeln für unsere Verbindung zu den tiefen Aspekten unseres Seins und unserer Herkunft, während die Äste für unser Streben nach Wachstum, Erkenntnis und Spiritualität stehen. Die Balance zwischen diesen beiden Aspekten ist entscheidend für ein gesundes und erfülltes Leben.
Du möchtest die tiefen Weisheiten
Yggdrasils für dich nutzen?
Das kannst du tun:
– Wurzeln: Unsere Wurzeln stehen für die Vergangenheit, unsere Ursprünge und das Unbewusste. Sie sind die Basis, der Urgrund, aus dem wir Kraft und Stabilität schöpfen.
– Äste: Die Äste stehen für unser Bewusstsein. Sie zeigen unser Streben nach Weiterentwicklung und Wachstum, die Verwirklichung des Höheren Selbst.
– der Stamm: der Stamm ist die Axis Mundi, der zentrale Punkt, um den sich das Leben dreht. Es ist das Zentrum des Selbst, der innere Kern der Persönlichkeit, um den unser Leben und unsere Erfahrungen kreisen.
Der Baum inspiriert uns, nicht nur uns selbst als Ganzes, sondern auch ständige Erneuerung, Wandel und ständiges Wachstum anzunehmen. Er ist ein lebendiges Wesen, das wächst, altert und sich ständig erneuert. Genau wie wir selbst. Er kann uns lehren, dass Veränderung ein natürlicher Teil des Lebens ist und dass Wachstum oft aus Herausforderungen und Veränderungen hervorgeht. Schließlich äsen permanent vier Hirsche in seinen Zweigen und an seiner Wurzel nagt der Drache Nidhögger. Trotzdem schafft es der Baum, zu gedeihen und zu blühen.
Meditation und Visualisierung
Visualisiere, wie du am Fuß des Weltenbaumes sitzt und nach und nach selbst zum Baum wirst. Erkunde deine Wurzeln, deinen Stamm und deine Krone. Wenn du schon schamanisch praktiziert und eine Fylgia (Krafttier oder Geistführerin) hast, kannst du sie bitten, mit dir tiefer zu gehen und dir in den einzelnen Ebenen zu zeigen, was für dich wichtig ist.
Rituale und Selbstpflege
Finde Rituale, die dich in Verbindung mit deinen inneren Welten bringen und dir helfen, Gleichgewicht herzustellen. Das kann etwas ganz Einfaches sein. Zeit allein ist sicher eine wichtige Voraussetzung dafür. Verbringe Zeit in der Natur, streife durch die Wälder, setze dich an Bäume, entspanne dich, erde dich und nimm dir an einen kraftvollen Baumstamm als Halt gelehnt Raum und Zeit, tief in dich selbst hineinzusinken.
Kreier zu Hause einen kleinen Altar mit Kraftobjekten aus der Natur, die die Symbolik von Yggdrasil widerspiegeln. Etwa Steine für deine ältesten, unbewussten Ebenen, Holz für dein Wachstum, grüne Zweige für dein Höheres Selbst. Lass deiner Fantasie freien Lauf.
Pflege dich! Yggdrasil wird täglich von den Nornen gewässert, damit er stark und lebendig bleibt, Kraft für alle Welten hat und nicht verrottet. Was nährt dich, was “wässert” dich, was gibt dir Kraft?
Fazit
Yggdrasil, der Weltenbaum, ist nicht nur ein faszinierendes mythologisches Symbol. Der Baum ist auch ein tiefenpsychologisches Werkzeug, das uns helfen kann, unser inneres Selbst zu verstehen, unsere Tiefen auszuloten und zu entdecken.
Und unsere Dunkelheit zu integrieren. Seine Symbolik der Verbindung, Ganzheit und Balance ist für uns heute ebenso relevant wie in den alten nordischen Mythen. Indem wir die Weisheiten und Lehren von Yggdrasil in unser modernes Leben integrieren, können wir ein tieferes Verständnis unserer selbst und unserer Verbindung zur Welt um uns herum finden. Dann sind wir nicht mehr nur Licht und Liebe. Dann sind wir ganz.
Bleib verbunden
Nicole
4 Kommentare
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Über die Autorin
Nicole Roewers, M.A. Filmwissenschaft
Ehem. Fernsehjournalistin und – moderatorin
Mitbegründerin von Unity Training, Yoga -und
Meditationslehrerin und – ausbilderin,
Buchautorin und Seminarleiterin
Mutter zweier wunderbarer Kinder
Liebe Nicole, danke für diesen Satz:
Der Baum inspiriert uns, nicht nur uns selbst als Ganzes, sondern auch ständige Erneuerung, Wandel und ständiges Wachstum anzunehmen.
Manchmal ist aber aber wirklich anstrengend.
Liebe Ursula, ja, da bin ich ganz bei dir, ständiges Wachstum, Wandel und Erneuerung kann anstrengend sein. Manchmal braucht man davon auch einfach mal eine Pause 😉 Liebe Grüße von Nicole
Ein wahrlich schöner Ansatz!
In der Edda steht, dass die ersten Menschen(Askr ok Embla) aus Bäumen(Holz zweier Baumstämme) erschaffen wurden…daher wohl auch die enge Verbindung auf allen Ebenen zu Yggdrasil…🌳♥️
Danke, liebe Nicole, für diese schönen Zeilen❣️
Herzliche Grüße in Verbundenheit!💞
Liebe Claudia, jaaaa, das ist auch eine meiner Lieblingsstellen in der Edda, wie die Menschen entstanden sind: aus Holz, aus Bäumen! Eine sehr schöne Schöpfungsgeschichte. Und ja, dass Yggdrasil uns nah ist, wir eng verbunden sind, das hängt sicher auch damit zusammen, danke für deine inspirierenden Worte!